Bericht von der Reise nach Ruanda zum Besuch unserer
Partnerschule Izere Mubyeyi in Kigali vom 5. – 15.10.2017

Eine Delegation von 3 Kolleginnen, einem Kollegen sowie der Elternbeiratsvorsitzenden unserer Schule hat in der oben genannten Zeit erstmals unsere neue Partnerschule Izere Mubyeyi in Kigali/Ruanda besucht. Dieser Besuch kann zusammenfassend als unerwartet erfolgreich bewertet werden, da unser Fortbildungsangebot auf ausgesprochen großes Interesse gestoßen ist und starke zwischenmenschliche Bindungen entstanden sind. Wir sind nach unserer Rückkehr fast täglich im Kontakt mit einzelnen Personen, tauschen uns per Mail oder WhatsApp aus, versenden Fotos und erhalten Videos von aktuellen Aktivitäten an der Schule. Die Erfahrungen waren viel intensiver und persönlicher, als wir es erwartet hatten und waren für uns sehr beglückend. Wir haben die Mitarbeiter/innen von Izere Mubyeyi menschlich sehr schätzen gelernt und haben ein freundschaftliches Verhältnis zu einander entwickelt. Am letzten Tag wurden wir überaus reichlich beschenkt und sehr herzlich verabschiedet. Einige der dortigen Kolleginnen hatten dabei Tränen in den Augen, das hat uns sehr berührt.

Dass der Besuch derart positiv und intensiv verlaufen ist, ist allerdings in besonderem Maße dem Umstand zu verdanken, dass eine Übersetzerin anwesend war. Diese ist Physiotherapeutin (nicht an der Schule tätig) und gehört als Koordinatorin dem Vorstand des Trägervereins der Schule an. Sie hat nicht nur Englisch und Französisch beherrscht, sondern offenkundig auch inhaltlich sehr nachdrücklich unterstützt, was wir zu vermitteln versucht haben. Dies war ein ausgesprochener Glücksfall! Andernfalls hätte sich die Kommunikation erheblich schwieriger bis fast unmöglich gestaltet, da entgegen der vorab gemachten Angaben kaum jemand vom Personal die englische Sprache beherrschte.

Zum allgemeinen Ablauf:

Ursprünglich sollten wir bereits am Freitag, den 6.10.2017 zu einem ersten gemeinsamen Treffen in die Schule kommen. Die Fortbildungen waren für Montag bis Freitag von 14 – 16 Uhr geplant. Da sehr kurzfristig die Einweihung des neuen Schulgebäudes in Anwesenheit der deutschen Delegation unter Leitung von Minister Lewentz für Montagnachmittag, den 9.10.2017 angesetzt worden war, mussten dieser Termin am Freitag und die Fortbildung am Montag ausfallen. Dies war allerdings ein Glücksfall für uns. So konnten wir uns ein Bild vom fachlichen Standard in der Schule machen. Auch wenn die Atmosphäre in der Schule ausgesprochen herzlich war und sich die Schüler/innen dort offensichtlich sehr wohl fühlten, waren wir trotz aller „Vorwarnungen“ zunächst doch erschrocken über die fast kahlen Klassen mit völligen unzureichenden, viel zu großen oder zu kleinen Schülermöbeln, das kaum vorhandene, unvollständige und alte Unterrichtsmaterial und die mangelnde fachliche Kompetenz der Lehrkräfte. In den Klassen sah es unaufgeräumt und unstrukturiert aus. Die Tische waren so klein, dass die Arbeitshefte der Schüler/innen und andere Materialien unter- und übereinander lagen.

Von Unterricht im engeren Sinne konnte man nicht wirklich sprechen, eher vom durchaus engagierten Bemühen um Beschäftigung. Die Plan-Änderung gab uns zum Glück die Gelegenheit, unserer Fortbildungsprogramm nach intensiven abendlichen Diskussionen umzustellen und genauer den Bedürfnissen anzupassen. Analog haben wir jeden Abend ausführlich unsere Erfahrungen reflektiert und detailliert für den nächsten Tag geplant. Die abschließende Rückmeldung (ohne unsere Gegenwart) hat uns bestätigt, dass sich diese Mühe offensichtlich gelohnt hat.

Da die Lehrpersonen nach dem gemeinsamen Mittagessen schon um 13.30 Uhr mit Notizblock und gezücktem Bleistift erschienen, haben wir täglich mindestens 2 ½ Std. mit ihnen gearbeitet. Am Dienstag ist das Personal nach unserem Abschied freiwillig bis 19 Uhr zusammen geblieben, um Flip-Charts mit unseren Fragen zu bearbeiten. Damit hatten wir wirklich nicht gerechnet! Insgesamt konnten wir bis auf den für Montag angesetzten Baustein alle Fortbildungen wie geplant durchführen, wobei die Übersetzungen sehr viel Zeit in Anspruch genommen haben.

Darüber hinaus gab es ein längeres Gespräch mit Eltern (meist Mitglieder des Vorstandes). Am Mittwoch bin ich mit der Schulleiterin zum Einkaufen nach Kigali gefahren. Dort haben wir entsprechend der am Vortag von allen Kollegiums-Mitgliedern gemeinsam erstellten Liste von den mitgebrachten gut 500 € für jede Klasse einen halbhohen Schrank und 3 Ablage-Fächer und Anspitzer sowie zusätzlich ein Whiteboard und ein Flip-Chart gekauft. Da die Möbel einen Tag später geliefert wurden, konnten wir mit Zustimmung der Schulleiterin eine Klasse exemplarisch gemeinsam mit der Lehrperson neu einrichten und strukturieren. Von uns mitgebrachtes, zum größten Teil selbst hergestelltes Unterrichtsmaterial haben wir bei dieser Gelegenheit eingebracht und präsentiert. So konnten wir verhindern, dass es möglicherweise ungenutzt bleibt. Diese exemplarisch eingerichtete, sorgfältig strukturierte Klasse wurde schließlich dem Kollegium präsentiert und die dahinterliegenden Überlegungen erläutert. Dieses Vorgehen fand sehr großen Anklang. Auch wir waren begeistert! Jetzt merkte man an diesem Raum, dass wir in einer Schule waren. Da die Einrichtung bisher noch nicht als Schule, sondern lediglich als Gesundheitszentrum anerkannt war, hoffen wir, damit etwas zur offiziellen Anerkennung beigetragen zu haben.

 

Zur Struktur der Fortbildungen:

Schwerpunkte unserer Fortbildungen waren die Notwendigkeit von klaren Strukturen und Visualisierungen im Sinne des TEACCH-Prinzips sowie die Möglichkeiten der inneren Differenzierung im Unterricht. Diese Themen zogen sich wie ein roter Faden durch alle Angebote. Dabei haben wir primär mit praktischem Anschauungsmaterial gearbeitet. Nach kurzen Inputs bzw. Fragen an die dortigen Kollegen gab es immer wieder Arbeitsphasen, in denen diese in Kleingruppen Inhalte erarbeiten oder reflektieren bzw. auf Tauglichkeit für ihre Lebenswirklichkeit überprüfen mussten. Wir waren immer wieder verblüfft, wie intensiv die ruandischen Kollegen diese Arbeitsphasen genutzt haben und welche auch durchaus selbstkritischen Aspekte dabei genannt wurden.

Es gab immer auch sehr viel Gelegenheit zum Lachen. Einfach toll, wie alle mitgemacht haben, auch wenn wir exemplarisch Unterrichtssituationen simuliert haben und alle die Schüler/innen spielen mussten. Die Atmosphäre war stets sehr locker, aber trotzdem von sehr ernsthaftem Interesse geleitet.

Themen waren im Einzelnen:

  • Strukturierungshilfen und Visualisierungen im Unterrichtsalltag und im lebenspraktischen bzw. hauswirtschaftlichen Unterricht
  • Einführung von Buchstaben mit allen Sinnen
  • Mathematik mit allen Sinnen, insbesondere mit dem Kutzer-Rechenzug als Anschauungsmaterial

Der entfallene Thema „Überkreuz-Übungen zur Förderung der Kooperation der beiden Gehirnhälften“ wurde von der erwähnten Koordinatorin des Vereins zu meiner großen Verblüffung anhand meines Manuskripts nach unserem Abschied am folgenden Montag mit der fachlichen Unterstützung des schuleigenen Physiotherapeuten bearbeitet. Dies zeigt, wie groß der Wunsch nach fachlicher Unterstützung in diesem Kollegium ist. Das ist wirklich bemerkenswert. Wir werden „am Ball“ bleiben.

Bilder von der Reise nach Ruanda

Beitrag: Bälle aus Bananenblättern